Mediation Nürnberg
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Vollständiger Blogartikel 

🕊️ Vergebung – ein viel diskutiertes Ideal


1. Vergebung aus Sicht der Allgemeinheit


In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Vergebung oft als Akt der inneren Größe. Wer vergibt, wird als reifer, weiser und moralisch überlegen angesehen. Viele Zitate untermauern dieses Bild: „Vergeben heißt loslassen“ oder „Vergebung befreit dich, nicht den anderen“. Doch genau diese Idealisierung kann inneren Druck erzeugen: Was, wenn ich nicht vergeben kann? Oder schlimmer: Was, wenn Vergebung sich wie Zustimmung anfühlt?


2. Vergebung aus psychologischer Sicht


Psychologisch ist Vergebung ein Integrationsprozess. Es geht nicht darum, etwas zu vergessen oder gutzuheißen, sondern darum, den emotionalen Griff der Vergangenheit zu lösen. Doch dieser Prozess kann nur freiwillig und authentisch gelingen. Wenn moralischer Druck herrscht oder die Verletzung tief ist, wird Vergebung unmöglich oder sogar retraumatisierend.


3. Vergebung im Coaching


Gute Coaches verstehen: Vergebung ist kein Ziel, sondern ein möglicher Weg. In der Praxis arbeiten wir viel häufiger mit Selbstmitgefühl, mit Abgrenzung, mit innerer Klarheit. Nicht mit verfrühter Nachsicht.


🔥 Wenn Vergebung nicht funktioniert: 


Mein Weg


"Ich habe versucht zu vergeben. Spirituell, religiös, philosophisch. Es hat nicht funktioniert."
Ich, Lukas Welker, habe jahrelang an mir gearbeitet – in der Hoffnung, vergeben zu können. Ich wollte meinen Frieden machen mit dem, was mir angetan wurde. Doch ich spürte: Vergebung fühlte sich an wie ein innerer Verrat. So, als müsste ich dem anderen Recht geben.
Ich glaube: Vergebung kann dann nicht funktionieren, wenn sie Zustimmung zum Unrecht voraussetzt.


🛡️ Das Ego als Schutzengel


Ich sehe das Ego nicht als Hindernis – sondern als Wächter. Es steht für uns ein, wenn etwas falsch war. Ich lade mein Ego ein:
"Du darfst bleiben. Du darfst wütend sein. Und ich höre dir zu."
Das Unrecht wird nicht relativiert – es wird anerkannt. Das schafft Würde.


👶 Die Wende: 


Mitgefühl mit dem inneren Kind


Dann wende ich mich nach innen – zu meinem verletzten Kind. Ich sage:
"Ich sehe deinen Schmerz. Ich bin bei dir. Es war nicht deine Schuld."

👁️ Perspektivwechsel: 


Was, wenn auch der Täter ein Opfer war?


Das bedeutet nicht, dass ich das Unrecht entschuldige. Aber ich beginne zu erkennen:
Menschen verletzen andere, weil sie selbst verletzt wurden.
Viele Täter handeln aus eigener innerer Leere, aus Hilflosigkeit oder aus einem emotionalen Reaktionsmuster, das sie nie reflektiert haben. Das erklärt die Tat nicht – aber es entmachtet sie emotional. Ich sehe nicht mehr den „Monster-Täter“, sondern einen zutiefst unreifen, vielleicht sogar gebrochenen Menschen.


❤️ Eine neue Form der Liebe


Die Wende kam, als ich begriff:
Nur Liebe heilt. Aber nicht die naive, verklärte Liebe – sondern eine reife, klare, abgegrenzte Liebe.
Liebe zu mir selbst.
Liebe zu meinem inneren Kind.
Und manchmal sogar ein Hauch Mitgefühl für den Menschen hinter dem Täter – ohne die Tat zu verharmlosen.


🌬️ Loslassen 

– nicht vergeben
Heute spreche ich nicht mehr von Vergebung.
Ich spreche von Loslösung.
Von innerem Frieden.
Von emotionaler Würde.
Ich brauche nicht zu vergeben, um frei zu sein.
Ich brauche Klarheit.
Ich brauche Mitgefühl mit mir selbst.
Und ich brauche die Erlaubnis, dem Unrecht nicht verzeihen zu müssen – um es endlich loslassen zu können.


💬 Dein Impuls zum Mitnehmen:


„Vergebung ist nicht Pflicht.
Frieden ist möglich – auch ohne sie.“
Wenn du merkst, dass Vergebung dich unter Druck setzt oder sich wie Verrat anfühlt: Du bist nicht allein.

 

 
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